Juramento a la Bandera – Fahneneid

Diesen Montag durfte ich wirklich ein großen Stück ecuadorianischer Kultur erleben: Den „Juramento a la Bandera“, was so viel wie Fahneneid heißt. Ich versuche, dass Spektakel mal möglichst objektiv zu beschreiben:

Bien formado ...

An diesem Tag dreht sich alles um die SchülerInnen der 7. Klasse. Sie dürfen (sollen) an diesem Tag ihre Treue zum Ecuadorianischen Vaterland demonstrieren. Das Ganze geht natürlich einher mit einem großen Bimbamborium. Es werden Reden gehalten, die Nationalhymne wird gesungen, die anderen SchülerInnen führen eine Choreographie mit Staatsflaggen vor und, nicht ganz unwichtig, es findet den Tag kein Unterricht statt 🙂

Die 12-, bis 13-jährigen kommen dann, frisch frisiert und mit Samthandschuhen ausgestattet, in Reih und Glied zu Trommelschlägen in den Schulhof marschiert. An beiden Seiten von Mitschüler flankiert schreiten sie vorbei an den stolzen Eltern zum Fahnenmast. Dort werden sie dann von der Direktorin gefragt, ob sie heute ihre Treue gegenüber ihrem Vaterland unter Beweis stellen wollen. Die Antwort lautet dann prompt (frei übersetzt): „Ja! Ja, wir wollen beweisen, wie sehr wir unsere Erde lieben, denn unser Vaterland ist Ecuador!“ Bei dem Wort Vaterland stoßen dann alle ihre Fast in die Luft. Anschließend folgt der Hauptteil, bei dem die Schüler (im Stehen marschierend) einzeln vortreten, sich vor die Fahne kniehen und ihr einen Kuss geben. Zwischen den sich synchron bewegenden Kindern schwirren allerdings die ganze Zeit Eltern und Geschwister mit Kameras und Fotohandys herum, um auch ja alles festzuhalten.

Küsschen fürs Vaterland und den Fotographen

Diese Tradition entspringt dem Sieg  Ecuadors unter Antonio José de Sucre in der „Schlacht von Tarquí“ am 27.2.1829 über eine Invasion der Peruaner.

Um ehrlich zu sein, dient diese Veranstaltung aber fast noch mehr der Präsentation der Schule und der Glücklich Stellung der Eltern, wenn sie ihre Schützlinge als echte Patrioten bestätigt sehen. Daher werden auch anschließend irrsinnig viele Fotos geschossen. Vor, neben, mit der Fahne in der Hand; Mit Eltern, Lehrern und Freiwilligen. Ich selber musste dann auch kurzzeitig als Fotograph und Fotomodell einspringen 🙂                               Im Grunde erinnert mich das ganze sehr an einen ABI-Ball. Alle kommen sich wahnsinnig wichtig vor. Das ganze wird wochenlang vorbereitet und geprobt und am Ende sind die Eltern doch aufgeregter als die Kinder.

Familienglück

Peace and Pride

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Meine persönliche Begeisterung zu dieser Veranstaltung hält sich allerdings in Grenzen. Es war sicherlich schön, wie sich alle zu Recht gemacht haben und sich freuten. Vor allem die Eltern haben Tage lang von nichts anderem mehr gesprochen. Allerdings verstehe ich erstens nicht, warum dafür eine Woche fast der komplette Unterricht der 5-9 Klassen ausfallen musste und zum anderen frage ich mich, warum Geld für Schärpen, Handschuhe und knapp 100 Flaggen vorhanden ist, wenn uns Fensterscheiben, Schulhefte und Bleistifte fehlen?! Ich spreche jedem Land sein Recht zum Patriotismus zu (mal stelle sich mal vor, was in Europa los wäre, wenn wir Deutschen so etwas einführen würden!), aber sollte man sich fragen, in was für einem Verhältnis dieser steht. Zumal die Indentitätsfrage in Ecuador ein brisantes Thema ist – ich glaube darüber schreibe ich das nächste Mal.

Viel Grüße aus Ecuador

Jan-Georg

 

PS.: Hier noch ein Video einer befreunditen Freiwilligen aus ihrem Projekt: „Juramento a la Bandera“ im CMT

Weihnachten – Navidad

Besuch aus dem Kindergarten nebenan

Das Weihnachtsfest wird in Ecuador im Allgemeinen nicht sehr üppig gefeiert. In den nicht sehr vermögenden Familien, wie zum Beispiel meiner, sogar noch weniger. Weihnachtliche Vorfreude? Fehlanzeige!Zwar sind die großen Einkaufsmals genau wie bei uns schon ab Ende Oktober Weihnachtlich geschmückt, aber dafür viel dezenter.

Ich hatte immer gedacht, das Weihnachten wahrscheinlich nicht so stimmungsvoll wird, weil das Klima einfach komplett anders ist, aber viel ausschlaggebender war, das viele Traditionen hier gar nicht bekannt sind. Adventssonntage = unbekannt. Adventskalender = unbekannt. Nikolaus = unbekannt. Weihnachtsmärkte = unbekannt.

Die beiden sind wirklich zwei Engel.

Nicht mal einen Tannenbaum haben wir uns ins Haus geholt (viel beliebter ist hier übrigens die Plastikvariante). Der Weihnachtsschmuck bestand lediglich aus einer kleinen Krippe neben dem Fernseher über die eine singende Lichterkette thronte. Solche Lichterketten sind hier der Renner. Die funkeln schön bunt und spielen dabei Weihnachtslieder ab. Diese Lieder hören sich allerdings an wie Handyklingeltöne aus den 90ern und am schönsten ist es natürlich, wenn 5 oder mehr davon gleichzeitig um die Wette lärmen. Da wird man aggressiv bei!

Tanz in traditioneller Kleidung (ausgenommen natürlich dieser albernen Kopftücher)

In der Schule haben wir dafür einen ganzen Tag gefeiert. Alle Kinder sind in Kostümen gekommen und jede Klasse hatte erst ihre eigene kleine Weihnachtsfeier. Lars (der andere Freiwillige an meiner Schule) und Ich waren bei der neunten Klasse eingeladen. Leider hatte ich an dem Tag total Fieber und bin auf dem Tisch eingeschlafen 😉 Trotzdem war es total schön. Danach hat die ganze Schule ein Runde durchs Dorf gedreht, wobei Feuerwerkskörper angezündet wurden, damit alle mitbekommen das wir unterwegs sind. Anschließend gab es auf dem Schulhof eine Messe und Vorführungen von allen Klassen. Am coolsten war der traditionelle Tanz der 8. und 9. Klasse, bei dem sie aus Tüchern eine Art Blumenmuster geflochten haben.

Am Heilig Abend haben sich alle engen Familienteile (inkl. 3 Volunteers) bei Jenny zum Truthahn essen getroffen. Das war echt schön, weil mal alle zusammen waren. Sonst musste meine Familie meistens arbeiten. Die Bescherungar auch eher klein: Einige haben vorher einen „amigo secredo“ zugelost bekommen und demjenigen eine Kleinigkeit gegeschenkt.abei wird immer etwas nettes über den Beschenkten gesagt.

kurz vor der Bescherung

Ich habe eine Packung Schokolade bekommen und Maria (Lars Gastmutter) ein gerahmtes Foto von ihrem Enkel geschenkt. Meine Gastfamilie wollte nicht mitmachen und haben sich untereinander auch nichts geschenkt. Trotzdem habe ich für Camila ein paar Prinzessinnenspielsachen und die Erwachsenen einen Dosenöffner gekauft(vorher wurden die Konserven immer mit dem großen Küchenmesser auf gehauen).

Insgesamt war mein ecuadorianisches Weihnachten unglaublich viel ruhiger – im Grunde nur ein Tag. Es fehlte zwar die ganze Vorfreude, aber dafür auch der ganze Weihnachtsstress.

Was mir fehlt: Schwarzbrot

Brot, das ist ein Grundnahrungsmittel. In fast allen deutschen Haushalten kommt es mindestens zwei Mal am Tag auf den Tisch und wir belegt, bestrichen und genüsslich verputzt. Natürlich gibt es unzählige Varianten: vom klassisch traditionellen Evergreen dem Graubrot bis zu Spezialitäten wie Kürbis-Anis-Stuten zu Halloween. Als Deutscher Tourist ist es daher sicher schon vielen aufgefallen:  Im Ausland ist die Leidenschaft für abwechlungsreichen Brotgenuss nicht so ausgeprägt. Da könnte sich manch einer eine Scheibe von uns abschneiden

Diese Erfahrung durfte (musste) ich auch schon öfters machen. Findet man in Tschechien zum Beispiel kaum etwas aus Teig, das nicht vollgestopft ist mit Kümmel, so sucht man sich in England vergeblich nach etwas anderem als schwammigem Weißbrot. In Ecuador aber ist es aber noch mal eine Stufe komplizierter: man isst hier einfach kein Brot! 

Im durschnittlichen ecuadorianischen Haushalt gibt es Reis; und zwar morgens, mittags, abends. Meist mit Hühnchen, manchmal auch mit Fisch oder seltener mit Schweinefleisch. In meiner Gastfamilie ist der Speiseplan zum Glück um einiges Abwechslungsreicher (Stickwort Banane), aber Brot gibt es hier auch nicht. Ich kann es mir wirklich nicht erklären, aber anscheinend ist die Erfindung des Brotes an Ecuador (fast) vorbeigegangen. Das Einzige war einem Brot ähnlich kommt ist Toastbrot der Marke pappiger Schwamm und Baguettstangen für $ 3,50. Beides allerdings auch nur in den Filialen der Einkaufsmallkette „Supermaxi“ zu finden. Ansonsten gibt es zwar Bäckereien, aber in denen gibt es hauptsächlich Enpanadas, Kekse und Semmelbrötchen.

Was ich aber wirklich mal bräuchte wäre ein richtiges Brot. Irgendwas mit Kruste. Am besten Schwarzbrot. Was würde ich nicht gerade alles für eine Scheibe von Gabies selbstgebackenem Mühlenschwarzbroz geben! Lecker.

Selber backen habe ich auch schon versucht, aber das war ein kompletter reinfall. In dem kleinen Gasbachofen wird nichts gar, was dicker als 5 cm ist. Mein Brot war dann von außen schwarz und von innen Matsch. Ich habe dann die kleine genießbare Übergangsschicht zwischen Asche und Teig heraussiziert (was tut man nicht alles für ein wenig Brotgenuss)  und mit Butter bestrichen. Naja, also ich wurde damit sicher keinen Backwettbewerb gewinnen, aber unter Angesicht der Umstände war schon ein Highlight.

Alles Banane ?

Wer keine Bananen mag hat es in Ecuador nicht leicht. Die gelbe Frucht ist hier die Königin der Früchte. Natürlich gibt es nicht nur eine oder zwei Sorten, sondern unzählige. In allen Formen und Farben, in allen Größen und Reifegrade kann man sie auf den Märkten finden. Was dem Deutschen die Kartoffel ist dem Ecuadorianer die Banane! Genauso Vielfältige wie die Auswahl ist auch die Bananen-Speisekarte. Man kann sich gar nicht vorstellen, was man alles aus Bananen machen kann: Bananenbrot, Bananenbrötchen, Bananenchips, Bananen-Teigtaschen, Bananenklöse, Bananenpommes, Bananensaft, Bananensuppe, Bananenkuchen, Bananensauce, Bananeneis , als Beilage zum Reis oder einfach nur Banane pur. Egal ob süß oder salzig, Banane geht immer. Selbstverständlich gibt es Wettstreite um die Größte/schönste Banane, es werden Bananenfeste gefeiert und Bananenköniginnen gewählt. Da wundert es nicht, dass der Bananenexport nur knapp % des Handelsvolumens ausmacht. Die meisten Stauden schaffen es halt nicht über die Grenze 😉

Am Anfang war dieser „Bananenkult“ ziemlich befremdlich für mich, aber ich muss gestehen, dass ich mittlerweile ein echter Bananenliebhaber geworden bin. Besonders die roten Orangen-Bananen haben es mir angetan. Am besten schmecken die natürlich frisch von der Palme, ohne den mehrwöchigen Seetransport und die künstliche Reifung in europäischen Lagerhallen.

Mein Tipp zum Nachkochen: Grüne Kochbanane in 5cm dicke Stücke schneiden, kurz frittieren. Mit der Lieblings Panade bestreichen, plattdrücken und zu Ende frittieren. Abtropfen lassen und mit etwas Salz am besten noch warm auf den Tisch. Guten Appetit!

Unruhen im Land



Der vorletzte Donnerstag begann vollkommen normel. Um 7:30 fing die Schule an und wir haben Unterricht gegeben ( die Zahlen von 1-20).  Wir haben schon darüber gesprochen, was wir am Wochenende machen wollen, als 10 Minuten nach der Pause um 11:00 Uhr plötzlich eine Lehrerin in den Unterricht kam und erklärte „“ Packt bitte alle eure Sachen zusammen, die Schule wird jetzt geschlossen. In Quito streikt die Polizei und weil wir nicht wissen, wie lange die Busse noch fahren, gehen bitte alle schnellstmöglich nach Hause“. Unser erster Gedanke war um erlich zu sein „Cool, heute mal eher frei!“ Was wir da aber noch nicht wussten, war das zu diesem Zeitpunnkt bereits die Polizei in ganz Ecuador ihren Dienst verweigert hat und sich langsam im ganzen Land Anarchie ausbreitete. Aber ganz von vorn…

Am Mittwoch den 29.09. wurde im Parlament ein Gesetzt Correas verabschiedet, dass das vergleichsweise hohe Gehalt und viele der sehr komfortablen Bonuszahlungen kürzt bzw. ganz streicht. Am Donnerstagmorgen protestierte die Polizei dagegen. Um 10:00 wandelte sich die Situation allerdings, als sympathisierende Soldateneinheiten den internationalen Flughafen von Quito besetzten und Polizisten das Kongress-Gebäude stürmten. Durch die Fehlende Polizeipräsenz brach in den Städten langsam das Chaos aus. In der Zwischenzeit waren wir schon zu Hause und hatten über das Radio erfahren, dass ein Putschversuch seitens der Polizei geplant wurde. Im Fernsehen konnten wir verfolgen, wie sich die Menschen auf den Straßen versammelten. Die einem um gegen den Präsidenten zu protestieren, die Meisten jedoch um ihren Unmut über die Forderungen der Polizei zu äußern. Die Wut entlud sich dann in Randalen und Straßenunruhen. Gegen 12:00 Uhr wurden die ersten Reifenhaufen angezündet und Banken ausgeraubt. Hier hatte sich auch schon der staatliche Fernsehsender ECTV auf allen Kanälen platziert und kontrollierte somit die Informationsübertragung. Wir konnten sehen, wie die Leute Scheiben einschlugen und Reihenweise Kühlschränke und andere Elektrogeräte aus den Supermärkten klauten. Zuerst Mal haben wir versucht die anderen Volontärs zu erreichen, vor allem diejenigen die in Quito arbeiten, denn spätestens jetzt war klar, dass die Situation wirklich ernst ist (Kolumbien und Peru hatten jetzt auch die Grenzen geschlossen). Zum Glück waren aber alle in ihren Häusern in Sicherheit! Der Präsident wurde (nach einem Tränengasangriff) im Polizeikrankenhaus festgehalten. In den Abendstunden hat dann ein Sondereinsatzkommando des Militärs das Krankenhaus gestürmt und Correa befreien können. Dieser wurde in den Präsidentenpalast gebracht und sprach noch in derselben Nacht zu versammelten Anhängern auf dem Platz der Unabhängigkeit. Ich saß mit meiner Familie vor dem Fernseher uns konnte nicht glauben, was da gerade geschah: Es wurde live übertragen, wie die Reporter das Militär verfolgten, die sich mit der Polizei bewaffnete Straßenkämpfe lieferten! Es mag makaber klingen, aber die Bilder waren nicht anders, als man sie aus einem Egoshotter kennt.

Am nächsten Morgen ebbte die Gewalt langsam wieder ab. Es wurde für eine Woche der nationale Notstand ausgerufen und damit der Kompetenzbereich des Militärs dahingehend erweitert, als dass sie nun für Sicherheit und Ordnung sorgen mussten. Uns wurde unserer Organisation geraten das Wochenende die Häuser nicht zu verlassen – die Schule war sowieso ausgefallen. Interessanter weise wurde von örtlichen Medien nicht erwähnt, dass zu Beginn auch ein Teil des Militärs gegen den Präsidenten operierte. In ausländischen Medien war diese Information nur eine Randnotiz, obwohl doch sehr brisant, da dem Militär doch umfassende Sonderrechte ausgesprochen wurden. Es stellte sich auch heraus, dass der staatliche Sender nachts Satellietenanlagen privater Sender mit Helikoptern zerstört hat, um diese an der Informationsübertragung zu hindern.

In der Woche danach ranken sich die spektakulärsten Gerüchte über von Teilen der Regierung und dem Militär und der Polizei geplanten Putschversuch an Rafael Correa. Das Resultat sind 8 Tote und 196 verletzte sowie ein immenser Sachschaden…

Mindo

Der Ausflug nach Mindo ging eigentlich schon (letzte Woche) am Mittwoch los: Ich saß mit meinen Gastbrüdern gemütlich am Tisch und löffelte meine Abendbrotsuppe. Am nächsten Tag hatte ich komplett frei, da die Arbeit erst am Montag losgehen würde. Für 14:00 Uhr hatte ich mich mit unserer Dorf-Crew (Hannan,Heidrun und Lars) verbredet; wir wollten vorher alle schön ausschlafen, als meine Gastmutter mir eröffnete, dass sie am nächsten Morgen mit einer Gruppe nach Mindo fährt .Wir 4 Freiwilligen sollten alle mitkommen.  Um 7:00 führe der Bus, ich müsse nur noch allen bescheid sagen…

Grün so weit das Auge reicht

Tja, soviel zu einem entspannten Donnerstag. Die anderen waren erst mal alles andere als begeistert. Lars wollte nicht mitkommen, weil er sich nicht gut fühlte und den Schlaf bräuchte. Hannan hat am späten Abend eine SMS geschrieben, dass sie morgen auch lieber ausschlafen möchte. Also saß ich am nächsten Morgen um punkt 7:00 Uhr mit Heidrun in dem Kleinbus der uns Richtung Nord-Westen nach Mindo fahren sollte. So ab 7:15 trudelten allmählich die ersten Mitfahrerinnen ein. Wie sich herausstellte, war meine Mutti die Chefin des örtlichen Hausfrauenvereins wenn man so will. Die Damen hatten es mit der Zeit allerdings nicht so genau und sind gemächlich alle 5 Min in Kleingruppen eingetrudelt. Erst mal haben sich alle ausgiebig begrüßt – Küsschen links, Küsschen rechts – dann hat man uns entdeckt – Ohhh, wer seid ihr denn, wo kommt ihr her? Nochmal Küsschen links, Küsschen rechts –  und das halt alle 5 Min. So ist der Bus erst um kurz vor 8:00 mit 30 schnatternden Mütterchen, ein paar Enkeln und uns 2 Freiwilligen abgefahren. Dass so viele Hausfrauen dabei waren hatte aber auch einige Vorteile, den jede hatte von zu Hause ausreichend Essen mitgebracht, welches bereitwillig geteilt wurde. Wir mussten natürlich immer gleich zweimal in die Kummen und Eimer mit Popcorn, Enpanadas, Hähnchen oder Kekse greifen um niemanden zu kränken und konnten zwischen dem ganzen gekaue gerade noch „Muchas gracias!“ herauskriegen.

Die Fahrt war aber auch ansonsten ein Erlebnis. Mindo liegt ca. 3 Stunden Richtung Küste knapp 1.000 m tiefer als Quito. Die Landschaft hat sich Stück für Stück zum dichten Dschungel gewandelt. Die Berge waren komplett mit einem dichten Teppich aus Baumkronen, Farnen und Lianen überzogen, sodass man an keiner Stelle mehr den Grund erkennen konnte. Mindo kündigte sich schon frühzeitig in Form von großen Hinweisschildern an. Der Ort war bekannt für seinen Vogel- und Schmetterlingsreichtum und lockte mit farbenfrohen Werbetafeln. Je weiter wir fuhren, desto dichter wurde das Grün und langsam stiegen auch die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit. Unser Ziel war ein kleines Schwimmbad außerhalb von Mindo (mitten im Wald!) mit einem Restaurant, von wo aus sich die Wanderwege erstreckten. Die Aussicht war wirklich unglaublich: Man war umgeben von nichts als tiefgrünen Bergketten. Beim Restaurant gab es eine Futtertränke für Kolibris an der man super Fotos machen konnte. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie klein diese Flattermänner sind. Das war natürlich voll mein Ding. Als leidenschaftlicher Biologe konnte ich mich nirgends sattsehen und war ganz schön froh, dass die Gruppe kein allzu schnelles Tempo vorlegte. Irgendwann sind wir an einem Fluss angekommen und haben eine Pause gemacht, um die Füße ins Wasser zu halten. Plötzlich hat Heidrun mir auf die Schulter getippt und ganz aufgeregt in den Wald gedeutet. Da flog ein Schmetterling an uns vorbei, den ich zuerst gar nicht als solchen erkannt habe. Groß wie ein DIN A4 Blatt und strahlend Azurblau. Ich dachte erst das wäre eine große blaue Plastiktüte die durch die Luft flog. Leider konnte ich kein Foto machen weil der Schmetterling so schnell wieder weg war, wie er gekommen ist. Ich war erst mal total paralysiert. Auf dem Rückweg sind wir dann noch alle in das Schwimmbad gegangen und anschließend zum Essen ins Dorf. Hier hat meine Mutti wieder mal unter Beweis gestellt, dass die die Königin der Hausfrauenvereins ist: Wir hatten uns alle schon in ein Lokal gesetzt weil wir echt hungrig waren. Rosa aber hat erst mal den Koch ausgefragt, was den alles in der Suppe und im Hauptgericht drin ist. Anscheinend war sie nicht zufrieden, denn sie ist schnurrstrags aus der Küche raus, hat in die Hände geklatscht und gesagt: „Hier essen wir nicht. Das ist zu teuer!“ Danach haben sich alle erhoben und haben, meine Mutter voran das Lokal verlassen. Die Szene war wirklich zum wegschmeissen. Auf der Rückfahrt wollte ich Fotos von der Landschaft machen, aber leider ist der Busfahrer über die Serpentinen gerast, als wäre der Teufen hinter ihm her.

Lars und Hannan waren am nächsten Tag auf jeden Fall ganz schön neidisch, dass sie nicht mitgekommen waren.

Der erste Arbeitstag

Gestern war endlich mein erster Arbeitstag in der Grundschule. Viel ist allerdings nicht passiert: Schueler waren noch keine da und von den Lehrern auch nur die Haelfte 🙂 Erst mal haben einige Lehrer ihre Raueme gewechselt und wir haben geholfen die Schraenke herum zu tragen oder Plakate abzuhaengen und wieder anderswo aufzuhaengen.

Ausserdem haben wir die „Bibliothek“ aufgeraemt. Dabei handelt es sich um 4 groessere Regale in einem Klassenraum, die vor lauter Lektuere foermlich ueberquellen. Es hat aber schon Spass gemacht in den Schulbuechern rumzublaettern. Es gibt hier sogar eine spanische Version von „Heidi“.

PS.: Wundert euch bitte nicht, dass ich keine ö,ä und ü verwende. Bin im Internetcafe und die Buchstaben gibt es hier nun mal nicht (diese habe ich gerade aus meinen Emails herauskopiert)

Otavalo

Letztes Wochenende sind wir mit den ganzen Volunteers nach Otavalo etwas 2 Stunden nördlich von Quito gefahren. In der Stadt gibt es jeden Samstag einen unglaublich schönen Wochenmarkt. Es gibt alle erdenklichen Sorten an Kartoffeln, Bohnen und Bananen. Fleisch, Eier, Gemüse und Säfte. Natürlich waren auch unzählige Stände mit Taschen, Pullovern, Hängematten und Hosen in den knalligsten Farben zu finden. In einer anderen Ecke gab es Kunsthandwerk, wie Holz- und Steinfiguren und Gemälde. Leider sind wir nur eine Stunde geblieben. Das hat denn meisten aber gereicht um sehr viel Geld auszugeben. Ich selber habe mir nichts gekauft, weil es mir irgendwie zu viel auf einmal war. Außerdem kann ich noch nicht so gut auf Spanisch feilschen und als blonder Europäer bekomme ich meistens etwas teurere Preise angeboten.

ca. 25m hoch

Nach Oltavalo sind wir zum nahe gelegenen „La Cascada de Peguche“  Wasserfall gefahren. Das war wirklich das Beste am ganzen Ausflug. Wir hatten unsere Schwimmsachen mitgenommen und da es nicht verboten war, haben wir uns ruck zuck umgezogen und sind in den Fluss gesprungen. In der Nähe des Wasserfalls konnte man es nur aushalten, wenn man sich ganz gerade hinstellte und die Arme über dem Kopf verschränkte. Wenn Wasser aus 25 Metern herunter rauscht, fühlt es sich an, als wurde es flüssigen Zement auf einen regnen. Komischerweise wehte aus Richtung des Wasserfalls ein irrsinniger Wind der aus dem Fels zu kommen schien und einen die Gischt ins Gesicht trieb. Ganz zuletzt – die Arme und der Rücken waren mittlerweile schon ganz rot – wollten wir sogar noch hinter den Wasserfall gehen. Ganz langsam und immer zu zweit, haben wir uns vorsichtig von der Seite herangewagt. Den Körper dicht an den Stein gepresst haben wir uns Stück für Stück hinter die tosende Wassersäule vorgetastet. Direkt dahinter war eine kleine Ausbuchtung und man konnte den Kopf heben. Das war wirklich eines der beeindrucktesten Dinge die ich bisher erlebt habe. Es ist fast so wie man es sich hinter einem Wasserfall vorstellt, nur unglaublich viel lauter. Man sieht um sich nichts als das tosende Element und die pure Kraft der Natur. Als dann plötzlich die Sonne aus den Wolken hervorkam, war es als würde das Wasser strahlen und man als wäre nur noch von Licht umgeben. Einfach nur unbeschreiblich. Erst als wir wieder am Flussufer waren, merkte man wie kalt einem geworden war. Also schnell abgetrocknet und nichts wie ab in den Bus.

Die letzte Station war ein Kratersee in Cuicocha. Wir haben eine Bootstour gemacht und unglaublich schöne Bilder geschossen (ich lade bald mal welche hoch, versprochen). Das Wasser müsste eigentlich 8°C sein, wird aber von dem Vulkan auf 16°C erhitzt. Das war wirklich ein schöner Tagesabschluss. Nach der Bootsfahrt gab es noch eine Art ecuadorianischen Grog mit Rohrzucker. Sehr lecker. Die Rückfahrt haben die meisten dann auch verschlafen.

Sprachschule

 Nach 10 Tagen ist die Qual nun endlich vorbei … Naja, ganz so schlimm war es wirklich nicht. Im Mittelkurs hatten wir eine super Lehrerin, die Chefin des Sprachinstituts. Sie spricht englisch, italienisch, natürlich spanisch und sogar deutsch! Das war ganz schön hilfreich, denn so konnte sie uns die Grammatik teilweise auch in Englisch oder Deutsch erklären, falls wir etwas auf Spanisch nicht verstanden haben. So nett sie auch war, hat sie ein mordmäßiges Tempo vorgelegt und wir hatten echt Mühe mitzukommen. Am ersten Tag haben wir mal eben 7 Zeiten inklusive ihrer sämtlichen unregelmäßigen Verben runtergeknallt. Alter Schwede, ich wollte sofort in den Anfängerkurs, aber die Frau hat mich nicht gelassen. Es wäre schließlich eine Herausforderung für mich, auch wenn ich es eher als Überforderung beschreiben würde 😉 Aber mit nur 7 Leuten ist unsere Klasse sehr klein und ich lerne eine Menge, vor allem Grammatik. Im Anfängerkurs lief es anscheinend nicht so gut. In der zweiten Woche ist deswegen unsere Lehrerin zu den Anfängern gewechselt und wir haben jemanden komplett neues bekommen: Solange. Sie ist 24 und hat gerade ihr Sprachstudium beendet. Leider merkt man davon nicht sehr viel. Ihr Englisch ist katastrophal und auch in der spanischen Grammatik tunen sich einige Lücken auf. Dafür haben wir mit ihr viel gespielt und geredet, was wirklich abwechslungsreich und entspannend war. 

Das wirklich blöde an 10 Tagen Sprachschule war eigentlich, dass man jeden Tag 3,5 Stunden in den überfüllten Bussen umhergurcken musste. Zudem habe ich mit meiner hier ungewöhnlichen Größe das Glück, in kaum einen Sitz zu passen. Aber ich will mich auf keinen Fall beschweren. Den restlichen Tag  sind wir immer noch etwas in Quito geblieben und haben im Park Fußball gespielt oder sind durch die Straßen geschlendert. Es gibt so unglaublich viel zu entdecken, vor allem in den Nebenstraßen und im Viertel  “La Mariscal“, wo man auch sehr gut feiern kann;-)

Die erste Woche

Hallo alle zusammen!

Ich bin gut in Ecuador angekommen. Die 15 Stunden Flug waren überhaupt nicht schlimm. Im Gegenteil: das Essen war super, ich konnte etwas schlafen und mit den anderen Freiwilligen habe ich mich gut amüsiert. Um 2:oo morgens Ortszeit sind wir in Bonair, einer Insel der niederländischan Antillen vor der Küste Venezuelas gelandet. Man kam sich vor wie kurz nach einer heißen Dusche in einem zu kleinen Badezimmer – 28°C und Dunst so weit das Auge reicht. Das Hightlight war aber der Landeanflug auf Quito durch die Anden

5.248 m

5.248m

Die Flugbegleiterinnen haben sich ganz schön beömmelt, als wir alle aufgesprungensind und an den Fenstern klebtem um Fotos zu machen.

In Quito hatten wir 3 Tage Orientation Camp und haben die ersten zaghaften Schritte in den ecuadorianischen Alltag gewagt. Nicht weit von unserer Unterkunft gab es eine „fruteria“ in der gab es Obst und Gemüse welches ich in meinem Leben noch nicht gesehen habe. Am Freitag wurde die Stimmung mehr und mehr angespannt, schließlich wurden wir an diesem Abend von unseren Gastfamilien abgeholt.

Gina – die Leiterin von VASE – hat ein paar von uns zu den Familien gefahren die etwas außerhalb wohnen. Das war vielleicht nervenaufreibend, denn irgendwann hieß es „You are next!“ und alle haben geschaut, wo man nun unterkommt. Übrigens bin ich nun bei einer anderen Familie als ich ürsprünglich geadacht habe. Bei der Zuteilung ist etwas vertauscht worden. Ist aber gar nicht schlimm, weil ich bei der Schwester von der ursprünglichen Gastmutter wohne. Total klasse: Hannan, Lara, Heidrunf und ich wohnen alle in Collaqui und unsere Gasteltern sind alle verwant, was bedeutet, dass wir viel zusammenmachen und nur ein paar Minuten auseinander wohnen. Der Ort hier sieht aus, wie aus einer Kriesendokumentation von N24. Die Leute leben zum Teil noch in Rohbauten, mitten auf dem Weg brennt ein Feuer und überall streunen Hunde herum. Meine Familie (2 Eltern, 3 Söhne, eine Schwiegertochter und ein Enkelkind) leben relativ gut. Wir haben sogar ein Telefon und einen Fernseher. Die Menschen sind super herzlich und vor allem die Kinder freuen sich, wenn man sie anguckt. Hintern unserem Haus ist ein großer Garten mit Avocados, Baumtomaten, Kartoffeln, Mail, Grenadinen und tausend Sachen mehr. Wir haben sogar Kanninchen, Meerschweinchen und Wachteln! Ich fühle mich hier einfach nur wohl. Camila, das Enkelkind war zuerst überhaupt nicht von mir begeistern und hat geweint wie ein Schlosshund, weil Lukas – der Freiwillige, der vor mir hier gelebt hat – nicht mehr da ist. Aber als ich ihr Kinderschokolade und Seifenblasen geschenkt habe, war ich der Held. Das Essen ist übrigens auch super. Zu fast allem gibt es Bananen. Sogar die Pommes sind aus Bananen, mega lecker!

Ich könnte noch Stunden so weiter schreiben. Wir waren auch schon tanzen und wären fast nicht nach Hause gekommen. Aber davon erzähle ich das nächste Mal. Morgen gehts erst mal zur Sprachschule.

Ich hoffe euch geht es allen gut und ihr macht euch keine Sorgen. Viele Grüße