Juramento a la Bandera – Fahneneid
3. März 2011 Hinterlasse einen Kommentar
Diesen Montag durfte ich wirklich ein großen Stück ecuadorianischer Kultur erleben: Den „Juramento a la Bandera“, was so viel wie Fahneneid heißt. Ich versuche, dass Spektakel mal möglichst objektiv zu beschreiben:
An diesem Tag dreht sich alles um die SchülerInnen der 7. Klasse. Sie dürfen (sollen) an diesem Tag ihre Treue zum Ecuadorianischen Vaterland demonstrieren. Das Ganze geht natürlich einher mit einem großen Bimbamborium. Es werden Reden gehalten, die Nationalhymne wird gesungen, die anderen SchülerInnen führen eine Choreographie mit Staatsflaggen vor und, nicht ganz unwichtig, es findet den Tag kein Unterricht statt 🙂
Die 12-, bis 13-jährigen kommen dann, frisch frisiert und mit Samthandschuhen ausgestattet, in Reih und Glied zu Trommelschlägen in den Schulhof marschiert. An beiden Seiten von Mitschüler flankiert schreiten sie vorbei an den stolzen Eltern zum Fahnenmast. Dort werden sie dann von der Direktorin gefragt, ob sie heute ihre Treue gegenüber ihrem Vaterland unter Beweis stellen wollen. Die Antwort lautet dann prompt (frei übersetzt): „Ja! Ja, wir wollen beweisen, wie sehr wir unsere Erde lieben, denn unser Vaterland ist Ecuador!“ Bei dem Wort Vaterland stoßen dann alle ihre Fast in die Luft. Anschließend folgt der Hauptteil, bei dem die Schüler (im Stehen marschierend) einzeln vortreten, sich vor die Fahne kniehen und ihr einen Kuss geben. Zwischen den sich synchron bewegenden Kindern schwirren allerdings die ganze Zeit Eltern und Geschwister mit Kameras und Fotohandys herum, um auch ja alles festzuhalten.
Diese Tradition entspringt dem Sieg Ecuadors unter Antonio José de Sucre in der „Schlacht von Tarquí“ am 27.2.1829 über eine Invasion der Peruaner.
Um ehrlich zu sein, dient diese Veranstaltung aber fast noch mehr der Präsentation der Schule und der Glücklich Stellung der Eltern, wenn sie ihre Schützlinge als echte Patrioten bestätigt sehen. Daher werden auch anschließend irrsinnig viele Fotos geschossen. Vor, neben, mit der Fahne in der Hand; Mit Eltern, Lehrern und Freiwilligen. Ich selber musste dann auch kurzzeitig als Fotograph und Fotomodell einspringen 🙂 Im Grunde erinnert mich das ganze sehr an einen ABI-Ball. Alle kommen sich wahnsinnig wichtig vor. Das ganze wird wochenlang vorbereitet und geprobt und am Ende sind die Eltern doch aufgeregter als die Kinder.
Meine persönliche Begeisterung zu dieser Veranstaltung hält sich allerdings in Grenzen. Es war sicherlich schön, wie sich alle zu Recht gemacht haben und sich freuten. Vor allem die Eltern haben Tage lang von nichts anderem mehr gesprochen. Allerdings verstehe ich erstens nicht, warum dafür eine Woche fast der komplette Unterricht der 5-9 Klassen ausfallen musste und zum anderen frage ich mich, warum Geld für Schärpen, Handschuhe und knapp 100 Flaggen vorhanden ist, wenn uns Fensterscheiben, Schulhefte und Bleistifte fehlen?! Ich spreche jedem Land sein Recht zum Patriotismus zu (mal stelle sich mal vor, was in Europa los wäre, wenn wir Deutschen so etwas einführen würden!), aber sollte man sich fragen, in was für einem Verhältnis dieser steht. Zumal die Indentitätsfrage in Ecuador ein brisantes Thema ist – ich glaube darüber schreibe ich das nächste Mal.
Viel Grüße aus Ecuador
Jan-Georg
PS.: Hier noch ein Video einer befreunditen Freiwilligen aus ihrem Projekt: „Juramento a la Bandera“ im CMT